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Video-Redebeiträge zum IDAHOBIT 2024

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Am 17.05.2024 wird der internationale Tag gegen Queerfeindlichtkeit (IDAHOBIT=International Day against Homo-, Bi-, Inter-, Transphobia) begangen.

Wegen einer Unwetterwarnung wurde die geplante Kundgebung zum IDAHOBIT am Paradeplatz leider abgesagt. Trotzdem ist es wichtig, Flagge zu zeigen. Daher sammeln wir hier die geplanten Redebeiträge in Videoform, um unsere Forderungen trotzdem öffentlich zu machen:

Den Text zu Rede findet ihr jeweils unter dem Video.

Inhalt: In den Reden wird Gewalt gegen queere Menschen explizit beschrieben

Redebeitrag zum IDAHOBIT 2024 von Ilka Kaufmann, Vorstand im Queeren Zentrum Mannheim e.V. und dgti-Beraterin:

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Text zur Rede von Ilka Kaufmann ausklappen

Sehr geehrte Damen und Herren, aber vor allem alle dazwischen und außerhalb, liebe Queers und Allies:

Heute ist der 17. Mai, der Internationale Tag gegen Queerfeindlichkeit, der auf Diskriminierung und Gewalt hinweist, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihres Geschlechtsbewusstseins oder ihres Geschlechtsausdrucks erfahren. Und wieder stehe ich heute hier, um einmal mehr über ein Thema zu sprechen, das von zentraler Bedeutung für uns alle ist – das Recht auf Selbstbestimmung.

Selbstbestimmung ist nicht nur ein politischer Begriff, der in den unsäglichen Debatten rund um die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes bis zur Unkenntlichkeit zerdehnt und verbogen wurde. Selbstbestimmung ist nicht nur ein Schlagwort, das man in politischen wie aktivistischen Reden hört. Selbstbestimmung bedeutet, die Macht über das eigene Leben zu haben. Selbstbestimmung bedeutet, frei Entscheidungen zu treffen, unseren Weg frei zu wählen und unsere Träume zu verfolgen. Selbstbestimmung bedeutet auch, Nein zu sagen, wenn wir Nein meinen, und Ja zu sagen, wenn wir Ja meinen. Für Menschen wie uns, die sich zwischen oder außerhalb der vermeintlichen Zweigeschlechtlichkeit bewegen, an die sich unsere Gesellschaft so fest klammert, ist dieses Recht ständig bedroht. Dabei gehören die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Achtung der Privatsphäre und die Nichtdiskriminierung zu den durch das Grundgesetz garantierten Rechten. Und das nagelneue Selbstbestimmungsgesetz, das zum 1.11.2024 in Kraft treten wird, _soll diese Rechte für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sicherstellen. Also, warum feiern wir dann nicht alle eine riesige Party?


Es stimmt zwar, dass vereinzelte menschenunwürdige Regelungen, wie die psychologische Begutachtung vor einer Namensänderung, damit endlich der Vergangenheit angehören. Und das diskriminierende Transsexuellengesetz von 1981 wird endlich abgeschafft. Aber macht das allein das neue Gesetz zu einem Selbstbestimmungsgesetz wie es uns zusteht? Nein! Es steckt voller Misstrauen insbesondere gegen trans* weibliche Personen, aber auch gegen TIN* Personen insgesamt. Es ist durchzogen von Spuren einer monatelangen, einer jahrelangen Schlammschlacht in Politik und Medien. Eine Verschlechterung der Lebenssituation von TIN-Personen durch die entstandene Verwirrung steht zu befürchten. Es wurden in großangelegten Kampagnen Falschinformationen verbreitet, die bis heute Journalist:innen wie Unbeteiligte, Expert:innen wie Betroffene in die Irre führt und verunsichert.


Die unsinnigen Diskussionen rund um das unverändert geltende Hausrecht beispielsweise, haben ein Bedrohungsszenario entworfen, infolgedessen schutzbedürftige TIN-Personen zu potentiellen Täter:innen werden, vor denen man wiederum die Gesellschaft beschützen muss. Wehe wenn die Selbstbestimmten losgelassen! Was für ein Irrsinn!
Diese Debatten haben direkte Auswirkungen im realen Leben. Ob in der vielbesungenen Sauna, im Fitnessstudio oder auch nur beim Besuch einer öffentlichen Toilette.
Und das ist nicht alles:
Die anlasslose Weitergabe von Daten an Sicherheitsbehörden ist zwar nicht mehr im finalen Gesetzentwurf festgeschrieben, aber weiterhin möglich.
Übrigens benötigt auch niemand noch einmal 3 Monate Bedenkzeit nach Beantragung der Korrektur von Namen- und Personenstand.

Niemand.


Die Liste ließe sich noch verlängern, sei es um nunmehr schlechter gestellte intergeschlechtliche Personen, ominöse Beratungspflichten oder nicht bedachte ausländische TIN*-Personen ohne Aufenthaltstitel. Ganz zu schweigen von alldem was das neue Gesetz nicht regelt, wie z.B. das Abstammungsrecht oder die Gesundheitsversorgung.
Wo es erklärtes Ziel war, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, wird Misstrauen geschürt, Vorurteile werden befeuert und Menschen werden aktiv ausgegrenzt.
Das ist die Realität. Unsere Lebensrealität.


Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, bringt es auf den Punkt:
„Es ist beunruhigend, wenn in einem Gesetzestext auf rechtspopulistische Debatten eingegangen wird.“

Und:
„Demokratische Parteien haben gerade jetzt Populisten nicht nachzueifern, sondern sich ihnen entgegenzustellen.“

Denn diese Kräfte werden weiterhin versuchen, uns unserer Selbstbestimmung zu berauben.
Dabei spielt es keine Rolle ob diese Trans*- und Queerfeindlichkeit von der politischen Rechten, aus faschistischen Gruppierungen, von fehlgeleiteten Aktivist:innen oder verwirrten Saunabesitzer:innen ausgeht.
Sie wollen uns in eine ihrer zwei Schubladen stecken, uns ihre Überzeugung aufzwingen und uns ihren Willen diktieren.


Wir dürfen das nicht zulassen!


Wir feiern 75 Jahre Grundgesetz.


Ihr seht die Plakate in unserer Stadt „Freiheit und Würde seit 1949!“


Lasst uns gemeinsam kämpfen, für unsere Freiheit, für unsere Würde und für unser Recht auf Selbstbestimmung.


Geht wählen! Wählt demokratisch!


Wählt Parteien die sich für die Rechte queerer Menschen einsetzen!

Geht zur Kommunalwahl und zur Europawahl!


Dankeschön.

Redebeitrag zum IDAHOBIT 2024 von Susanne Hun, Vorstand des Queeren Zentrum Mannheim e.V und Monnem Pride e.V.i.G.:

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Text zur Rede von Susanne Hun ausklappen

Heute am 17.5. ist der internationale Tag gegen Queerfeindlichkeit. Und er ist aktueller denn je:

Vor wenigen Tagen erreichte uns die Meldung, in der von einem Brandanschlag auf zwei Lesbenpaare berichtet wird. Ein Nachbar hatte eine selbst gebaute Brandbombe in das Zimmer der vier Frauen geworfen.

3 Frauen starben in Folge der schweren Verletzungen nur eine überlebte.

Wir sind geschockt und trauern um Pamela Cobos, Mercedes Roxana Figueroa, Andrea Amarante.

Mehrere Vereinigungen haben zum Protest und zur Kundgebung aufgerufen, denn die Vermutung liegt nahe, dass der Fall nicht gerecht verhandelt wird, da sich die Situation für queere Menschen unter dem neuen queerfeindlichen Präsidenten deutlich verschlechtert hat.

Buenos Aires, Argentinien. In dem Stadtteil Barracas. Luftlinie sind Barracas und Mannheim ungefähr 11.000 Kilometer voneinander entfernt, also weit weg.

In Deutschland ereignen sich jeden Tag queerfeindliche Gewalttaten mit steigender Tendenz, was sicherlich auch der schlechten Berichterstattung und Aufklärung zu Selbstbestimmungsgesetz und Stiefkindadoption unter anderem zu verdanken sind und der bewussten Falschmeldungen. An dieser Stelle möchten wir nicht auf die Diskussionskultur im Bundestag, die schlechte fehlerhafte Berichterstattung eingehen, sondern uns mit einer unfassbaren Mail die uns die Tage erreicht hat.

QueerKastle, das neue queere Zentrum Karlsruhe, ersucht um Beratung, nachdem sie zuvor über einen Makler versucht hatten, eine Versicherung gegen Vandalismus zu bekommen und nicht eine einzige Versicherung bereit war, sie als Kund*in anzunehmen. Die Lage wird als zu gefährlich eingeschätzt. Die Angst vor Vandalismus an der Immobilie sei zu hoch … von Personen ganz zu schweigen.

Versicherungen, die nicht versichern wollen?

Wer das Haus versichern will, weiß, dass bestimmte Optionen in Risikogebieten ausgeschlossen sind. So können Menschen, die an einem Fluss leben, der regelmäßig Hochwasser führt und es häufiger zu Überschwemmungen kommt, keine Hochwasserversicherung abschließen oder nur zu einem sehr hohen Beitrag.

Was sagt das über die Sicherheitslage von queeren Menschen in Deutschland, in unserer nächsten Umgebung?

Während Versicherungen gerne bei den anstehen Prides Sponsoring betreiben, scheint es aber unmöglich, dieselben Gruppen, uns!, zu versichern. Deren beliebte CSD-Veranstaltungen, sie zuvor gesponsert und sich mit dem Label queerfreundlich und divers geschmückt haben.

Und was hat diese Tat mit der vergeblichen Suche nach einer Versicherung zu tun? Die Lage ist ernst.

Wenn Hass zur Tat wird, dann passiert das nicht in einem luftleeren Raum, es kommt nicht einfach so. Hass und die daraus folgenden Taten sind in der Öffentlichkeit besprochene Vorbehalte und Ablehnungen gegen bestimmte Menschengruppen. Das Stigma und in Folge der Raub der Würde macht angreifbar, die Tat wird begründbar. Zumindest in den Augen der Täter*innen.

Was können, oder vielmehr, was müssen wir tun?

Eine Möglichkeit ist es, sich zu solidarisieren – alle Gruppen der queeren Community untereinander und alle außerhalb mit der queeren Community. Gemeinsam auf die Straße gehen und sichtbar machen, das Queerfeindlichkeit keine Einbildung ist!

Gewalt, egal ob verbal oder körperlich, zur Anzeige bringen!

Und: Wählen gehen!

Wir alle können etwas tun. Wir alle können in Europa und wir alle können hier in Mannheim etwas dagegen tun: Wahlberechtigte können wählen gehen und so für den Erhalt unserer Demokratie sorgen. Wir alle können wahlberechtigten Menschen in unserem Umfeld dazu bewegen wählen zu gehen.

Geht am 9. Juni wählen! Und wählt demokratisch!

Und wie ihr euch vielleicht denken könnt, ist die aktuelle Situation auch im diesjährigen Motto der Monnem Pride, unserem Christopher Street Day in Mannheim wiederzufinden. Gemeinsam mit vielen Aktiven der queeren Community haben wir es in einem Workshop erarbeitet und es lautet:

Zusammen eins – Intersektional. Antifaschistisch. Queer.

Als starkes, mutiges Zeichen nach innen und außen.

Wir denken intersektional. Das heisst, wir achten mehr denn je auf Diskriminierungen jeglicher Art. Wir müssen auf die Überschneidung verschiedener Diskriminierungsformen achten.

Wir wissen, dass diese sich gegenseitig beeinflussen und somit weitere Diskriminierungen zur Folge haben können. Zum Beispiel eine Kombination aus Geschlecht, aus gelesenem Geschlecht, Hautfarbe und Klasse.

Je nachdem, wen wir vor uns sehen, haben wir unterschiedliche verinnerlichte und gelernte Vorurteile, die uns zu negativen Reaktionen verleiten, obwohl wir nichts voneinander wissen.
Das passiert auch und gerade in der Queeren Community.

Wir setzen uns aus Gruppen zusammen, die in vielerlei Hinsicht an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden. Kein Mensch ist frei von Vorurteilen und Rassismus. Deswegen ist es wichtig, sich das immer wieder neu bewusst zu machen und immer neu dazu zu lernen.

Zusammen eins bedeutet hier wir berücksichtigen eine Vielfalt von Menschen und laden sie gezielt dazu ein, teilzunehmen.

Wir beziehen verschiedene Perspektiven und Erfahrungen aktiv mit ein.

So auch bei der Auswahl der Künstler*innen, bei der Entscheidung, wen wir sichtbar machen, beim Schaffen barrierearmer Zugänge und vielem mehr.

Das alles kann nur gelingen, indem wir stabil bleiben gegen Rechtsextremismus und Faschismus.

Wir sind und bleiben unverrückbar antifaschistisch.

Das heißt: Wir setzen uns für demokratische Grundwerte, Freiheit und Vielfalt ein.

Für eine Gesellschaft, die sich zu ihrer Vielfalt bekennt. Faschist*innen schüren gezielt Ängste, verbreiten Unwahrheiten über andere Menschen(gruppen) und wollen damit unsere Gesellschaft spalten. Sie wollen Menschen, die nicht in ihr Bild passen, gewaltsam unterdrücken, vertreiben und durch Einschüchterung klein und unsichtbar machen.

Zusammen eins bedeutet hier, wir treten Gruppen, Parteien und Menschen selbstbewusst entgegen, die rassistisch, diskriminierend und ausgrenzend handeln oder sich das zu Nutze machen. Wir sagen Nein zu Rassismus und Diskriminierung jeglicher Art.

Für eine Gemeinschaft der Freiheit, Vielfalt und Demokratie.

Queer nutzen wir als Überbegriff für unsere vielen Communities, die lesbisch, schwul, bi+, trans, inter, nicht-binär, asexuell, aromantisch und vieles mehr sind.

Das schließt Menschen mit ein, die ganz ohne Label auskommen oder nicht festgelegt sind.

Wir erkennen an und feiern, dass alle diese Gruppen eigene Erfahrungen und eine eigene Geschichte haben.

Zusammen eins bedeutet hier. Mit viel Liebe, Worte für uns selbst zu finden.

Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur eigenen Heilung und Identität und bringt zu Tage,

was es schon seit Anbeginn der Menschheit gibt: Vielfältige Körper, Erfahrungen, Arten zu lieben und zu leben.

In unserer queeren Community und darüber hinaus gilt: nur zusammen bilden wir ein Ganzes.


Ich bin dankbar, dass ich hier und heute für unsere Community sprechen darf.

Zusammen eins – Intersektional. Antifaschistisch. Queer.

So lautet das diesjährige Motto der Monnem Pride, unserem Christopher Street Day in Mannheim.

Wir laden euch alle zur Monnem Pride ein, unserem großen Christopher Street Day am 13. Juli.

Geht mit uns  auf die Straße und setzt mit uns ein weiteres Ausrufezeichen gegen den Faschismus und für unser vielfältiges, lebendiges Mannheim.

Intersektional. Antifaschistisch. Queer.

Wir. Sind. Zusammen Eins!

Dankeschön!

Auch wenn die IDAHOBIT Kundgebung ausfallen musste, gibt es bald die nächste Gelegenheit, queere Vielfalt, queere Selbstverständlichkeit, queere Liebe, queere Körper, queere Solidarität und queere Sichtbarkeit auf der Straße zu zeigen:

Am 13.Juli 2024 findet der Monnem Pride, der Christopher-Street Day in Mannheim mit Demonstration durch die Innenstadt und anschließendem Platzfest auf dem Alten Messplatz statt. Mehr Infos findet ihr hier.

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