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QueerStory: Freddie Mercury

Freddie Mercury: Die Freiheit, ein Rätsel zu bleiben

Geht es um queere Ikonen der Rockmusik, kommt man an Freddie Mercury kaum vorbei. Mit seiner Band „Queen“ schwamm der Engländer in den 1970-er Jahren auf der Glam-Rock-Welle. Freddie und seine Bandmitglieder haben das Konzept der knallbunten Rockshow, die das Publikum in Massenekstase versetzen sollte, perfektioniert – was nicht zuletzt an Freddie selbst lag, der mit seinem Charisma auf der Bühne ganze Stadien voller Menschen für einen Abend wie ein König regierte. Oder wie eine Queen!

Nun ist es rückblickend einfach, das Queere in einem Rockstar zu erblicken oder es in ihn hinein zu projizieren. Und Freddie Mercury, der 1991 im Alter von nur 45 Jahren gestorben ist, war offiziell nie geoutet. Seine Queerness bleibt eins seiner Rätsel, weil er öffentlich nie über seine sexuelle und geschlechtliche Identität sprach. Das macht aber auch alle Versuche, ihn in eine begriffliche Schublade zu stecken – schwul, bi, pan …? – zur Spekulation. Dass er intime Beziehungen zu Männern hatte, kann als bekannt gelten. Gar nicht mal so geheim waren auch seine Aktivitäten in der Münchner Gay-Szene, wo Freddie sich vor allem in der ersten Hälfte der 80er auslebte. Und dann war da noch Mary Austin, mit der Freddie in den 70-ern eine auch öffentlich bekannte Paarbeziehung führte. Nach der Trennung blieb sie ihm eine Lebensfreundin, und sie ist bis heute die einzige Person, die weiß, wo seine Asche begraben ist. Typisch Freddie, möchte man sagen.

Doch niemand schuldet der Öffentlichkeit irgendwelche Erklärungen oder Bekenntnisse, auch ein Rockstar nicht. Und dieses Motiv zieht sich durch Freddies Lebensgeschichte.

Sein individuelles Schicksal war zunächst bestimmt von seiner Herkunft aus einer privilegierten indischen Familie. Er kam am 5. September 1946 auf Sansibar als Bürger einer britischen Kolonie – also als Brite – zur Welt und erhielt von seinen Eltern den Namen Farrokh; sein Familienname lautete Bulsara. Als Farrokh Bulsara 17 war, zog seine Familie nach England. Er studierte Grafikdesign in London und machte sowohl als Musiker als auch als Roadie erste Erfahrungen in der britischen Rock-Szene. Dann stieg er als Sänger in die Band von ein paar Kumpels ein. Aus dem 24-jährigen Farrokh wurde 1970 Freddie Mercury, als die ersten Gesangsspuren für Queen bereits aufgenommen waren.

Während sein Geburtsname nie ein Geheimnis war, sprach Freddie nicht über seine eigene Haltung zu seiner Herkunft. Und auch über seine Gesundheit schwieg er sich aus, selbst als es für ihn lebensgefährlich wurde. Das mag daran liegen, dass seine Erkrankung Mitte der 80-er Jahre noch ein furchtbares Stigma bedeutete: Freddie hatte sich mit HIV angesteckt, dem Virus, das ohne richtige Behandlung zu einer Aids-Erkrankung und damit zum Tod führt. Als er die Diagnose bekam – der genaue Zeitpunkt ist unbekannt -, gab es diese Behandlung noch nicht.

Freddie packte in den Rest seines Lebens hinein, was er konnte: Er komponierte und nahm auf. Etliche Queen-Songs sind erst lange nach seinem Tod fertig produziert und veröffentlicht worden. Am 24. November 1991 starb Freddie in seinem Haus in London, nachdem er einen Tag zuvor (!) die Öffentlichkeit offiziell hatte informieren lassen, dass er an Aids erkrankt sei. Sein langjähriger Lebensgefährte Jim Hutton – von dessen Existenz die meisten Queen-Fans erst nach Freddies Tod erfuhren – war bei ihm.

Dass man sich bis heute seiner erinnert, hat nicht nur mit dem Queen-Film „Bohemian Rhapsody“ von 2018 zu tun oder den (äußerst lukrativen) Bemühungen seiner beiden noch aktiven Bandkollegen Brian May und Roger Taylor, den Legendenstatus ihres toten Leadsängers zu hegen und zu pflegen. Von Freddie Mercury bleiben über 100 Songs, in denen er eine unglaubliche musikalische und gesangliche Energie und Bandbreite zeigt. Filmaufnahmen seiner Auftritte zeigen einen nahezu perfekten Entertainer: flamboyant, exaltiert, berauscht von sich selbst und der Masse des Publikums. Eine Projektionsfläche nicht nur für queere Nachahmer, sondern für alle, die besondere Auftritte lieben. Und gleichzeitig ein Mensch, der der Öffentlichkeit teilweise ein Rätsel blieb – Freddie nahm sich diese Freiheit.

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